Die Grabsteine an der Wilhelmskirche

Bei den beiden im Erdgeschoss der Wilhelmskirche in die Wand eingelassenen Grabmälern handelt es sich um Grabplatten, die ehemals auf dem Boden lagen und das Grab bedeckten.Charakteristisch für Grabplatten sind u.a. die körpergroßen Abmessungen, die hochrechteckige Form und oftmals am Rand "umlaufende" Inschriften, die beim Umschreiten der liegenden Platte bequem gelesen werden konnten.


grabPLATTE  von pfarrer Nikolaus lotichius

Grabinschrift Nikolaus Lotichiust
Grabplatte von Pfarrer Nikolaus Lotichius - Foto: Thomas Schwab - Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg, ergänzt von Michael Oberweis, Mainz

D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) S(ACRVM)

[REVER]ENDO VIRO. PIETATE DOCTRINA

[……]RITATE. MODESTIA. VITAE. MORVM

[…..] HONESTATE PRAESTANTISS(I)mo

D(OMINO) NICOLAO LOTICHIO. SOLITARIENSI

CHRISTIAN(I) LOTICHII. FILIO: P(ETRI) LOTICHY

SECVNDI E FR(ATRE) NEPOTI: P(ETRI) LOTICHY

[AB]BAT(IS) SOLITAR(IENSIS) E FR(ATRE) PRONEPOTI

VERBI DIVINI HVIVS QVE AEDIS PER

INTEGROS. XXX. ANNOS. ET AMPLIVS

PRAECONI FIDELISS. VIGILANTISS(I)moq(ue)

NATO SOLITARIIS. M. D. LIIX. XI. IVNY

DENATO. M. D. C. XVII. III. MARTY

AETATIS. LIX: NOMINE RELICT(AE) VXO[RIS]

VIDVAE. ET FILIAR(VM) MOESTISS(IMARVM) DEBIT(VM?)

ERGA PARENTEM. DVLCISS(IMI?) AFFECTVS

[…….]GITVR. POS(VIT) FIL(IVS) V[NICVS?]

 

[………]eo pietas fuerat tua […]g[…]

[…go] Care parens quae te iungit

[………] Deo iste sed Xiguus tua

Contegat ossae lapillus testis et officy.

[………] atq(ue) mei non meritis ego tento

tuis [par?] reddere Reddat te mihi meq(ue)

tibi qui regit astra Deus angelicis

[..a..e….] coetibus addita man[et?]

[..e…….] coelis estq(ue) perenn[is?]

 

i(ohannes) p(etrus) lotichius D(octor) Med[icinae]

Acad(emiae) Rintel(ensis) p(rofessor) p(ublicus)

 

 



Übersetzung

Dem besten, größten Gott geweiht.

Dem ehrwürdigen Mann, der durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit, […], maßvolle Lebensführung, Reinheit der Sitten und Ehrbarkeit herausragte, Herrn Nikolaus Lotichius aus Schlüchtern, Sohn des Christian Lotichius, von brüderlicher Seite Neffe des Petrus Lotichius Secundus, von brüderlicher Seite Großneffe des Abtes Petrus Lotichius von Schlüchtern und über dreißig volle Jahre und länger getreuester und wachsamster Verkünder des göttlichen Wortes in dieser Kirche, geboren in Schlüchtern am 11. Juni 1558, gestorben am 3. März 1617 im Alter von 59 Jahren, hat im Namen der verwitwet hinterbliebenen Gemahlin und der tiefbetrübten Töchter als schuldigen [Beweis] zartester Zuneigung der [einzige?] Sohn [dieses Grabmal] gesetzt.

 

Paraphrase des leider nur unvollständig lesbaren Trauergedichts:

Deine Frömmigkeit war es, teurer Vater, die Dich mit Gott verbindet. Dieser – wenn auch bescheidene – Stein möge Deine Gebeine bedecken und zugleich [die Erfüllung] meiner [Sohnes-]Pflicht bezeugen. Ich will gar nicht versuchen, Deinen Verdiensten gerecht zu werden. Möge Gott, der die Gestirne regiert, Dich mir und mich Dir wiedergeben! Wenn Deine Seele den Engelsscharen beigesellt ist, soll sie ewig im Himmel bleiben.

Johannes Petrus Lotichius, Doktor der Medizin,

 

öffentlicher Professor an der Universität Rinteln.


grabPLATTE  von Frau von salms

Grabplatte der Frau von Salms in Bad Nauheim
Grabplatte der Frau von Salms - Foto: Thomas chwab - Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenbergr

Umlaufende Inschrift am Rand, oben zweizeilig:

(oben:)                DIE EDLE VIEL TVGENT REICHE FRAV

(rechts:)              MARIA VON SALMS DES WOHL EDLEN VEST VND RECHT GELEHRTEN

(unten:)               HERRN HERRN ARNOLDI FREY

(links:)                  ALTENHOFENS CHVR BRANDENBVRGISCHEN AMBTMANS VBER

(oben, 2. Zeile:) DIE MARCK NACH GELASSENE WITTIB

 

Fortsetzung im mittleren Feld der Platte:

 

STARB SEELIG D(EN) XXX IVNY

ANNO M D C LXXVI

 

LEICH TEXT LVC(AS) II V(ERS) XXX

VND ES WAR EINE PROPHETIN

HANNA EINE TOCHTER PHANVEL

VOM GESCHLECHT ASER DIE

WAR WOHL BETAGT VND HATTE

GELEBT SIEBEN IAHR MIT IHREM

MANN NACH IHRER IVNGFRAVSCHAFT

VND WAR NVN EIN WITTWE BEY

VIER VND ACHZIG IAREN DIE

KAM NIMMER VOM TEMPEL VND

DIENET GOTT MIT FASTEN

VND BETTEN TAG VND NACHT

SYMB(OLVM) ECCL(ESIASTICA) [=Prediger Salomo] VII V(ERS) III

DER TAG DES TODS IST BESSER

 

DAN DER TAG DER GEBVRT



grabstein von johanna carolina koch, geb. jacobi

Grabstein von Johanna Carolina Koch
Grabstein von Johanna Carolina Koch

 

Inschrift auf der Vorderseite des Grabsteins:

 

Allhier

Ruhen auf Hofnung einer Frölichen auferstehung

die gebeine

weyl.

Frau Frau Johanna Carolina Kochin

gebornen Jacobi

des

Fürst[l.] gegenschliesers allhier

Herrn

Johann Philipp Kochs gewesenen Ehegattin

der 11 Juni 1745 war zu Bobenhausen der 1. Lebenstag

der 23 Febr 1769 der Tag ihrer ehlichen verbindung

2 söhne und 2 Töchter

sind der segen

des vergnügten Ehestandes

der 29 Juli 1778 war der Letzte Tag

Ihres Rühmlichen Lebens

das 33 Jahr 1 Monath 18 Tag gedauert hat

denn nach volbrachtem Lauf

nahm sie gott zum Himel au[f]


Ausschnitt des Textes auf der Rückseite des Grabsteins von Carolina Koch
Ausschnitt des Textes auf der Rückseite des Grabsteins von Carolina Koch

 

 

Inschrif auf der Rückseite des Grabsteins:

 

Leichentext  Hiob 17.14

Die Verwesung heiße ich meinen Vater

und die Würmer meine Mutter und meine Schwester

 

Die Blüthe frischer Jugend

Ein reiner Leib und Sitz der Tugend

Des Mannes Lust und Augenweide.

 

Der findet Trost

der anverwanden Freude

genug gelebt genug erworben

wer so wie sie den Herrn gelebt

im Herrn gestorben

 

 

 

 

 


Foto: Thomas Schwab (Mai 2020) / Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg 


die drei grabsteine an der ostmauer

Grabstein Johann Philipp Mörler

Die drei Grabsteine an der Stützmauer der Wilhelmskirche (Ernst-Ludwig-Ring)

von links:  Johann Philipp Mörler, Johann Hennrich Mörler, unbekannte Person. 


grabstein von johann philipp mörler

Grabstein von Johann Philipp Mörler
Grabstein von Johann Philipp Mörler (Vorderseite)

 

 

Vorderseite:

Darstellung: im Giebelfeld ein Knabe in langem Gewand.

 

Inschrift:

EIN IUNGER KNAB LIGT

ALHIER BEGRABEN, DER

WOLT SEIN GRAB BEIM

GROSVATTER HABEN,

WOLTE AUCH MIT IHM

AUFERSTEHN, UND

ZUR EWIGEN FREUT

EINGEHN.

Mein Lieber vatter Johan(n)

Nicolaus Mörler genandt,

Und Liebe Mutter Christina

bekandt [……………]

[………………………….]

[…………………………]

Die letzten 3 Zeilen sind sehr verwittert, wären vielleicht aber bei guter Ausleuchtung mit seitlich einfallendem Streiflicht noch lesbar.


Foto: Thomas Schwab (Mai 2020) / Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg 

Grabstein von Johann Philipp Mörler (Rückseite) - Foto: Thomas Schwab - Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg
Grabstein von Johann Philipp Mörler (Rückseite) - Foto: Thomas Schwab - Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg

Grabstein von Johann Philipp Mörler

 

Rückseite:

 

Inschrift:

IOHANN PHILIP MORLER

BIN ICH GETAUFT CHRISTUS

HAT MICH DURCH SEIN BLUT

ERKAUFT D[EM] HAB ICH GELEB[T]

DEM BIN ICH GESTOR[BEN] DER

SELBE, HAT MIR DEN HI[MMEL]

ERWORBEN. MEI[N] ALT[ER ….]

ICH KAUM ZEHN[………]HR

MANGELTEN 2 [MO]NATH

AHN 8 IA[HR


Foto: Thomas Schwab (2015). Das Foto der Rückseite des Grabsteins von Johann Philipp Mörler wurde in der Lagerhalle von Steinbildhauer Michael Barnes aufgenimmen. / Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg (Mai 2020)


Grabstein von Johann Henrich jenner

 

Darstellung: Engel, der einen herabfallenden Vorhang hält, auf dem die Inschrift wiedergegeben ist.

 

Inschrift:

[All]hier fohr [d]iesem stein Ruhet in gott

[der] weyl[.] Ehrsame und Acht bahre herr

[JO]HAN[N] HENRIECH JENNER

[H]ochgräffl. hanauischer gewes[e]ner

saltz mitter welcher im Jahr Christi

1662 auf diese welt g[e]zeuget worten

[und] sich im J[ah]r 1696 [d.] 18 APRIL mit der

[………………… Jung]fer ANNA CHRISTINA

[……………………………]

 

Die untere Hälfte der Inschrift ist abgeblättert.

saltz mitter = Salzmötter

 

 


Foto: Thomas Schwab (Mai 2020) / Abschrift: Andreas Schmidt, Wettenberg 

Auskunft von Herrn Dieter Jehner, Bad Nauheim:

Johann Heinrich Jenner wurde am 18. Juli 1662 geboren.

Die Heirat mit Anna Christia Schäfer war am 18. April 1696.

Anna Christina Schäfer starb am 14. Januar 1773.

Johann Heinrich Jenner starb am 28. Februar 1724 im Alter von 61 Jahren.

Da sämtliche 10 Kinder verstarben, gründete Johann Heinrich Jenner eine Stiftung für Witwen und WaisenL


grabstein einer unbekannten person

 

 

Der barocke Stein ist nahezu vollkommen abgeblättert. Im Giebel lässt sich mittig noch ein Vollwappen erkennen, das eine menschliche Gestalt als Helmzier zeigt. Rechts oben Reste eines Puttenkopfes mit Flügeln.


Foto: Thomas Schwab (Mai 2020) / Beschreibung: Andreas Schmidt, Wettenberg 


Die Grabsteine in der der Reinhardskirche

Die beiden Grabsteine, die heute rechts und links im Eingang stehen, sind erst beim Umbau zur Russichen Kirche dorthin versetzt worden. Ursprünglicher Standort war der Altarraum.

Grabstein von Johann georg Koch und Johanna catharina franciska koch, geb. handwerchin

Grabstein von Johann Georg Koch und seiner Ehefrau Francisca.  Foto: Brigitta Gebauer
Grabstein von Johann Georg Koch und seiner Ehefrau Francisca. Foto: Brigitta Gebauer

 

 

 

 

 

 

HIER RUHEN

IN SEELIGER HOFFNUNG

TIT

HERR JOHANN GEORG KOCH

HOCHFÜRSTLICH HESSEN-HANAUISCHER

CAMMERRATH DAHIER

GEBOREN BUSWEILER DEN XVI NOVEMBER

MDCLXXV GESTORBEN NAUHEIM

DEN 1. OCTOBRIS MDCCXXLIX

UND TIT

FRAU JOHANNA CATHARINA FRANCISCA

KOCHIN GEBORENE HANDWERCHIN

GEBOREN HANAU DEN XXIV

JANUARII MDCLXXXVIII

GESTORBEN NAUHEIM

DEN XVII SEPT.

 

MDCCXLVIII



grabstein von johann friedrich waitz von eschen

Grabstein von Johann Friedrich Freiherr Waitz von Eschen.            Foto: Brigitta Gebauer
Grabstein von Johann Friedrich Freiherr Waitz von Eschen. Foto: Brigitta Gebauer

 

 

 

HIER

RUHEN IN GOTT DIE GEBEINE

DES WAU HOCHFÜRST. HESSEN HA

NAUISCHEN OBERAMTMANNS

…RATHES AUCH DIRECTORIS DER

HIESIGEN SALINE HERRN JOHANN

FRIEDRICH WAITZ FREIHERRN VON

ESCHEN. ER WARD GEBOREN DEN

20 OCT. 1708, VEREHELICHTE SICH DEN

11. AUG. 1744 MIT CAROLINA DO-

ROTHEA MAGDALENA, EINZIGER

TOCHTER DES VERSTORBENEN VORM.

PUSCH. STAATSMINISTERI FREIHERRN

WAITZ VON ESCHEN, ZEUGTE IN

DIESER EHE 13 KINDER DA-

VON 5 VOR IHM VERSTORBEN.

DIE NOCH 5 LEBENDEN SÖHNE IM

KÖNIG. PREUSS, IM HOCHFÜRSL. HESSEN

KASSEL UND HANAUISCHEN DIENSTEN.

DIE 3 TÖCHTER ABER WOHL VER-

HEIRATET SIND. STARB

DEN 13. JULI 1781 IM

73 JAHR SEINES

LEBENS

 

 


Anmerkung:

Der Salzgraf und Staatsminister Jacob Sigmund Waitz von Eschen hat im Dienste des Landgrafen von Hessen Kassel das Nauheimer Salzwerk ab 1733 grundlegend modernsiert.

Nach demTod seiner Söhne hatte er noch eine einzige Tochter (Carolina Dorothea Magdalena), die mit dem Hessen-Hanauischen Oberamtmann Johann Friedrich Hilchen verheiratet war.  Waitz von Eschen verfügte, dass sein Schwiegersohn für sich und seine Nachkommen seinen Namen und seine Standeswürde annehmen solle. Es handelt sich bei dem Grabstein in der Reinhardskirche also nicht um den Grabstein des Staatsministers Sigmund Waitz von Eschen, sondern um den Grabstein seines Schiegersohnes.  Der Staatsminister Sigmund Waitz von Eschen wurde in der Dorotheenstädtischen Kirche in Berlin beigesetzt.

Quelle:  Alfred Martin, Bad Nauheimer Jahrbuche Band I, Seite 38

 


die grabsteine in der dankeskirche

grabstein von georg melchior langsdorf

Grabstein von Georg Melchior Langsdorff (1713-1767), Rentmeister auf der Saline Nauheim, Foto: Thomas Schwab
Grabstein von Georg Melchior Langsdorff (1713-1767), Rentmeister auf der Saline Nauheim, Foto: Thomas Schwab

 

 

Inschrift:

„Im Jahre 1767/Sterblicher/hier unter diesem Steine hat seine Ruhestätte gefunden/der weiland/Hr. Georg Melchior Langsdorff/Wetzlar war seine Geburtsstadt/Friedberg gab ihm gute Auferziehung/Jena und Göttingen machten ihn reich an /Wissenschaften/ — Nachdem er dahier in Nauheim/ 7 Jahre als Archivarius/ und als Salzrenthmeister 16 Jahre/Gott und seinem Fürsten treu gedienet/und in allem 54 Jahre 1 Monat gelebt hatte/hieß ihn Gott am 19. April was er Sterbliches/an sich hatte, ablegen/die unsterbliche Seele aber/nahm er zu sich auf in die ewigen Hütten/ Seine hinterlassene Wittib/Tit. Frau Maria Margretha/gebohrene Kochin/nebst sechs leiblichen Kindern/liessen ihm (dieses Denkmal/aus schuldiger Dankbarkeit/aufrichten. Mensch, wer du bist, bedenke das Ende, so wirst du nimmermehr Uebels tun. Syr.)". Eingeklammerte Schlusszeilen zerstört, nach älterer Aufzeichnung hier angefügt.

 

 

 

 

 

 


Grabstein von pfarrer conrad künßler

Grabstein von Conrad Künßler, Pfarrer der reformierten Gemeinde Nauheims von 1712-1735, Foto: Thomas Schwab
Grabstein von Conrad Künßler, Pfarrer der reformierten Gemeinde Nauheims von 1712-1735, Foto: Thomas Schwab

 

 

Inschrift:

„Allhier ruhet in seinem Teil bis ans Ende der Tage unter seinen geliebten Pfarrkindern ein fromm und getreuer Knecht Gottes, der Hochehrwürdig und Hochgelahrte Herr Conrad Künßler. 13 Jahre lebte er mit der Hochedel und Tugendbegabten Frauen Catharinen Sara de Bàry in einer vergnügten Ehe, die der Herr mit einer einzigen Tochter gesegnet. 23 Jahr hat Er die hiesige Heerde Christi in Nauheim willig und von Hertzensgrund geweidet. Das 54. Jahr seines alters war das seelige Jahr seiner Erblassung, da Ihn Gott am 18. April 1735 eingehen hieß durch einen seligen todt zur ewigen Freude und dadurch lassen den entseelten Leib in den Todt eingehen".